Dank „Stark mit Kind“, einem Projekt des Zentrums für Frauen der Diakonie Frankfurt, entwickelten seit März dieses Jahres 20 alleinerziehende Frauen neue Perspektiven für ein eigenständiges Leben mit ihren Kindern.
„Ich habe mich hier gleich richtig wohlgefühlt. Jede hier hat eine andere Mentalität und dennoch gibt es ein Super-Miteinander.“ Wenn Mayra über ihre Erlebnisse aus der letzten Zeit spricht, klingt großer Lebensmut aus ihren Worten. Vor wenigen Monaten noch hätte sie sich dies nie träumen lassen. Die Mutter von zwei Kindern im Alter von 20 Monaten und 3 Jahren ist eine von 20 Frauen, die am Projekt „Stark mit Kind“ der Diakonie Frankfurt teilnimmt. Durch das Rhein-Main Jobcenter war sie im April auf das Angebot aufmerksam geworden, hatte damals weder Kindergartenplätze oder Betreuungsmöglichkeiten. „Trotzdem wollte ich gerne wieder anfangen zu arbeiten, aber in jedem Kindergarten hagelte es Absagen.“ Doch das war längst nicht das einzige Problem der 20-Jährigen: „Als ich hierher kam, hatte ich noch keinen geregelten Alltag und Ablauf. Ich habe mich gefragt: Was mach ich eigentlich mit den Kindern. Den ganzen Tag hatte ich ja nichts zu tun außer Aufräumen oder Fernsehgucken.“ Nachdem sie zu „Stark mit Kind“ gekommen sei, habe sie ihren Rhythmus gefunden. „Ich kann jetzt zum Beispiel einschätzen, wann ich die Kinder fertig machen muss. Dadurch sind die viel ausgeglichener geworden. Es gibt endlich eine feste Urzeit, wo sie aufstehen und etwas bestimmtes tun. Es ist endlich alles geregelter. Und das gibt Sicherheit.“
Den Alltag neu entdecken
Eine Entwicklung, die Kersten Eiting von „Stark mit Kind“ als typisch beschreibt: „Bevor die Frauen zum Projekt stoßen, leben sie oftmals mit ihren Kindern in den Tag hinein. Sie gehen zwar mit ihnen auf den Spielplatz, haben aber keine Kontakte, durch welche sie sich zum Beispiel über ihre Kinder austauschen können.“ Vielen falle es am Anfang auch sehr schwer, pünktlich zu erscheinen, ergänzt ihre Kollegin Corinna Nachtwey. „Das ist etwas, was wir über das ganze Jahr hinweg üben, denn eine klare Struktur im Tagesablauf ist die Basis, überhaupt eine Arbeit aufzunehmen.“
Zielgruppe von „Stark mit Kind“ sind alleinerziehende Schwangere und alleinerziehende junge Mütter mit Kindern unter drei Jahren. Drei Tage in der Woche werden sie - von Montag bis Mittwoch - über neun bis zehn Monate hinweg im Zentrum für Frauen begleitet. 14 Frauen unterschiedlichster Nationalitäten sind es momentan. „Ziel ist, Frauen nach ihren individuellen Bedürfnissen zu stärken und gemeinsam mit ihnen Perspektiven zu entwickeln.“, betont die Leiterin des Zentrums für Frauen, Karin Kühn. „Stark mit Kind“ läuft im Auftrag der Stadt Frankfurt und der Rhein-Main Jobcenter GmbH, Träger ist das Diakonische Werk für Frankfurt am Main. Angebunden ist das Projekt an das Zentrum für Frauen der Diakonie Frankfurt, das eine breite Palette an Unterstützungsangeboten bereithält. „Stark mit Kind“, erklärt Kühn, arbeite anhand verschiedener Module wie Gesundheit und Ernährung, Organisation des Alltages über psychosoziale Beratung und Erziehungsfragen oder auch Entwicklung der Ausbildungs- und Erwerbsfähigkeit. Kinderbetreuung wird angeboten. An den verschiedenen Wochentagen stehen jeweils unterschiedliche Themenbereiche auf dem Programm. „Wir arbeiten einerseits sehr individuell mit den Frauen, bieten Einzelgespräche und Begleitung an, sind aber auch in der Gruppe zusammen – das ist ein große Stärke“, bekräftigt Eiting.
... wo die eigenen Stärken liegen.
So sprechen die Frauen zum Beispiel über den Alltag mit dem Kind, seine Entwicklung oder Erziehungsfragen. Weiterhin sind Kommunikation, Kompetenztraining und Bewerbungen Thema. „Wir bieten auch einen Deutsch- und einen Rechtschreibekurs an und es geht zum Beispiel um gesunde Ernährung.“, erörtert Nachtwey. Dabei lernten die Frauen unter anderem, wie sie mit verhältnismäßig wenig Geld eine ausgewogene Mahlzeit bereiten können. Das Kochen in der geräumigen Küche sei zudem sehr wichtig, damit sich die Gruppe findet. Auch EDV ist als neues Themenfeld hinzugekommen. „Wir haben hier vier Computer und die Frauen haben nun auch die Möglichkeit, beim Evangelischen Regionalverband Fortbildungen im Hinblick auf das Office-Paket zu besuchen, wofür sie dann auch ein Zertifikat bekommen.“ Ein großer Teil der Arbeit, resümiert Eiting, besteht darin, die Rahmenbedingungen für ein selbständiges Leben mit Kind zu schaffen.
Genau das hat auch Mayra erfahren: Ihr Problem mit dem Kindergartenplatz hat sie mittlerweile gelöst. „Frau Nachtwey hat mit mir ganz Höchst abgeklappert. Und in einer Kindertagesstätte hat es dann direkt funktioniert, obwohl ich es dort vorher auch schon einmal alleine versucht hatte.“ Geholfen hat „Stark mit Kind“ der Philippinin aber auch bei der Organisation von privaten Angelegenheiten, zum Beispiel mit der Korrespondenz. Oder bei der Lösung von Problemen mit ihrem deutschen Pass. „Man ist nicht alleine. Sobald jemand hinter einem steht, läuft es bei den Behörden plötzlich ganz anders“, hat sie festgestellt und bekennt: „Ich habe jetzt viel weniger Angst davor, mich mit solchen Angelegenheiten auseinanderzusetzen.“ Auch Bewerbungen hat sie geschrieben. „Das hatte ich vorher noch nie gemacht und nun habe ich für nächstes Jahr tatsächlich einen Praktikumsplatz als Schreinerin gefunden“, freut sich die junge Frau, die eine Ausbildung als Fachverkäuferin aufgrund ihrer Schwangerschaft abgebrochen hatte.
Intensive Kooperationen
„Es ist ein enorm wichtiger Punkt, gemeinsam mit den Frauen zu entdecken, wo persönliche Ressourcen und Stärken liegen, von denen man selbst gar nichts weiß und daraus ein Berufsbild zu entwickeln. Vieles hat man oft gar nicht im Blick“, weiß Karin Kühn. Mayra pflichtet bei: „Durch einen Fragebogen mit Interessenstest haben viele Frauen hier Dinge entdeckt, von denen sie vorher nichts ahnten - zum Beispiel das Interesse an Technik.“ Wo liegen die Bedürfnisse? Welches sind realistische Ziele? – das sind bei „Stark mit Kind“ entscheidende Fragen. „Es geht insgesamt darum, sich eigene Stärken und Eigenschaften bewusst zu machen, die man dann auch beruflich nutzen kann“, bekräftigt Eiting. Dass dies nicht nur bei Mayra von Erfolg gekrönt ist, belegen die Zahlen eindrucksvoll: Bis jetzt hat nur eine Frau das Projekt abgebrochen, zwei Frauen fanden inzwischen einen Ausbildungsplatz, andere haben klare berufliche Perspektiven entwickelt, die sie im nächsten Jahr umsetzen werden: Zwei Teilnehmerinnen werden eine Teilzeitausbildung beginnen und eine Frau hat sich um ein Bildungsstipendium beworben, um den Realschulabschluss nachzuholen.
„Insgesamt arbeitet das Projekt mit den unterschiedlichsten Kooperationspartnern“ , betont Karin Kühn. So gibt es unter anderem eine Zusammenarbeit mit dem Verein zur beruflichen Förderung von Frauen, der auch Infotage durchführt. Seit Kurzem sind auch die Malteser mit im Boot. „Es war ein Wunsch der Frauen, spezielle Erste-Hilfe-Kurse für Kinder zu belegen, so dass sie in Notfällen adäquat agieren können.“ An zwei Vormittagen führten die Malteser nun erstmals einen solchen Kurs im Rahmen von „Stark mit Kind“ durch: „Es ist ein spezielles Angebot, das sich vom normalen Erste-Hilfe-Kurs unterscheidet“, erklärt Lioba Abel-Meiser, Pressesprecherin und Leiterin ehrenamtliche Sozialdienste beim Malteser Hilfsdienst e.V. – Stadtverband Frankfurt. Eine aktuelle Studie der Uni Mainz habe ergeben, dass über 90 Prozent der Deutschen nicht in der Lage seien, Erste Hilfe zu leisten, betont sie und bekräftigt so die Wichtigkeit, solche Kenntnisse regelmäßig auch aufzufrischen. Bei den Erste-Hilfe-Kursen für Kindernotfälle gehe es darüber hinaus in einem hohen Maße um Prävention: „Wie vermeide ich, dass sich ein Kind verletzt oder etwa Spülmittel aus der Flasche trinkt?“ Im Mittelpunkt stehe sehr stark die individuelle Haushaltssituation, weiß Abel-Meiser und resümiert: „Wir möchten den Frauen allgemein mehr Sicherheit geben, Notfälle einzuschätzen und zwischen vermeintlichen und echten zu unterscheiden. Gerade für Alleinerziehende, die oftmals die alleinige Verantwortung in solchen Situationen tragen, ist dies von hoher Bedeutung.“
Kontakt:
Stark mit Kind
(in den Räumlichkeiten von 17 Ost – Tagestreff für Frauen)
Alfred-Brehm-Platz 17
60316 Frankfurt am Main
Tel: 069 / 94 35 02 – 80
Fax: 069 / 94 35 02 – 52
E-Mail: stark-mit-kind@zefra.de
www.zefra.de